Reisebericht

Mein erster Flug vom Lijak
Jede Fliegerkarriere beginnt am Übungshang. Das Fliegen von diesem 50 m Hügel machte mir Spaß, nur das Hinauflaufen fand ich nicht so lustig. Als nächstes stand das Fliegen von einem richtigen Berg an. Während ich hier vielleicht mal 10 Meter hoch geflogen bin, fand ich als nächsten Step die Höhendifferenz von 860 m dann doch etwas happig. Lieber hätte ich mich etappenweise an die Höhe herangetastet. Als ich vom Lijak in Slowenien hörte, wusste ich, das ist der Berg für meine ersten Flüge! Nur 490 Höhenmeter, man ist schnell unten und auch wieder oben, um am Tag viele Flüge für die Höhenausbildung zu sammeln. Da der Berg schulungstauglich ist und Jens auch noch in der Flugausbildung war, buchten wir eine Fliegerreise dahin.

Wir waren fast 30 Piloten, die an der Reise teilnahmen, darunter auch einige Fluganfänger. Unsere Gruppe bewohnte alleine ein Haus mitten in den Weinbergen und der Hausbesitzer war selbst Winzer. Das hatte zur Folge, dass immer ausreichend Wein vorhanden war. Dieser stand dekorativ in 5-Liter-Kanistern auf den Tischen und man konnte einfach wegtrinken, was man wollte. Die Abende auf der Veranda waren dadurch immer sehr lustig und ein Pilot hatte auch neben seinem Gleitschirm noch seine Gitarre mitgebracht.

Als ich den Berg zum ersten Mal sah, fand ich, der sieht ja gar nicht so hoch aus. Aber von oben bietet sich komischerweise immer ein anderes Bild 🙂  Es war vereinbart worden, dass ich zuerst einen Tandemflug mache. Wir beide starteten also hinaus und der Tandempilot steuerte schnurstracks den Landeplatz an. Das war mir dann doch zu langweilig. Ich sagte ihm, dass er ruhig noch mal was machen könne. Kaum hatte ich die letzten Worte ausgesprochen, befand ich mich in stabiler Seitenlage. Wir waren nicht mehr sehr hoch und der Boden raste auf uns zu. Es fühlte sich an wie Achterbahn und Riesenrad im Doppelpack. Zwar hatte ich keine Angst vor einer Steilspirale, da vertraute ich dem Piloten, dass er dieses Manöver beherrscht. Er hatte es ja offensichtlich bis jetzt auch überlebt. Aber ich hatte Angst, dass mir jetzt gleich sauschlecht wird. Also rief ich ihm zu, dass er aufhören soll. Darüber hatte er sich dann schon etwas aufgeregt, so nach dem Motto, erst will ich was erleben und dann doch wieder nicht.

Mein erster Flug vom Lijak, ich bin begeistert. Gleich nochmal rauf auf den Berg!!

Nachdem ich also schon mal Höhenluft geschnuppert, die Flugstrecke abgeflogen und den Landeplatz von oben besichtigt hatte, stand nun also mein erster Flug an. Zwar war ich etwas angespannt, aber Angst hatte ich nicht. Ich wusste ja jetzt, wie sich das anfühlt, das Fliegen. Unser Fluglehrer Robert und alle anderen umsorgten mich, breiteten meinen Schirm aus und prüften die Funkverbindung und alle Gurtschlösser. Dann lief ich los, hob ab und setzte mich ins Gurtzeug. Über Funk hörte ich Robert, ich solle mal nach oben schauen, da würde ein großer Greifvogel über mir kreisen. Wenn das kein gutes Zeichen ist für meinen ersten Flug, hörte ich ihn sagen. Tatsächlich, da sah ich ihn. Wow. Ansonsten blicke ich meistens nach unten und betrachtete von der Vogelperspektive aus die Felder, Häuser und Weinberge. Angst verspürte ich nicht und zwar deshalb, weil ich die ganze Zeit das Gefühl hatte, der Tandempilot sitzt ja hinter mir 🙂  Naja, landen musste ich schon alleine, aber jeder Steuerleinenzug wurde mir über Funk durchgegeben, da musste ich nicht selber denken. Überglücklich und total euphorisch setzte ich auf der Wiese auf. Sogleich kam Jens, der Landeplatzfluglehrer und andere Piloten angelaufen und beglückwünschten mich. Wow, war das toll. Ich packte meine Sachen zusammen und fuhr sogleich wieder den Berg hinauf. Auch diesmal, alles easy. Bei meinem dritten Flug kündigte mir Robert an, dass ich in der Luft mal Nicken und Rollen üben soll. Mir wurde ganz mulmig. Dieser Flug war überhaupt nicht entspannt, ängstlich zog ich bisschen an den Steuerleinen. Ich bemühte mich den Schirm nicht allzu sehr aufzuschaukeln, denn das gefiel mir nicht. Aber er stürzte nicht ab, schon mal ein gutes Zeichen 🙂

Am dritten Tag, nachdem ich schon paar Flüge absolviert hatte, gab es morgens plötzlich ein Problem. Vielleicht war ein Alptraum in der Nacht Schuld, ich weiß es nicht. Denn auf einmal kam mir Gleitschirmfliegen total gefährlich vor, die ganze Euphorie war verflogen. Zwar fuhr ich mit zum Lijak, aber ich weigerte mich noch einen Flug zu machen. So saß ich den ganzen Tag am Landeplatz rum, Robert am Berg wurde langsam ungeduldig und wollte mich persönlich abholen, wenn ich am Startplatz jetzt nicht bald erscheine. Unwillig folgte ich dem Befehl und fuhr am Abend hinauf. Ohne dass ich groß nachdenken konnte, wurde ich sogleich startbereit gemacht. Ich hatte wirklich Angst und dachte, dass überlebe ich jetzt nicht. Nach dem Start flog der Schirm ruhig vor sich hin und ich realisierte, dass werde ich jetzt doch überleben. Aber ich gewann in den nächsten Tagen nur schwer meine anfängliche Unbekümmertheit und Leichtigkeit wieder.

Einmal hatte ich sogar einen kleinen Klapper, denn ich sackte plötzlich in meinem Gurtzeug einseitig weg. Ich stieß einen Schrei vor Überraschung aus, aber in der nächsten Sekunde war schon wieder vorbei. Ich erzählte den anderen von meinem Erlebnis und sie fragten mich, ob der Schrei denn geholfen hätte das Problem zu lösen. Das musste ich bejahen, ja hatte geholfen 🙂

Chillen an der Landewiese.

Nach jeden Flugtag, wenn alle nach und nach auf der Landewiese eintrafen, gab es dort Landebier. Die Stimmung war einfach immer prächtig und alle erzählten von ihren Flugabenteuern. Ich fand das absolut super. Gleitschirmfliegen ist sooo cool. Man war noch voller Adrenalin von dem Tag und zusammen mit den anderen Piloten den Tag ausklingen zu lassen bei einer Landeplatzparty – perfekt. An einem Abend vermissten wir eine Pilotin. Keiner hatte sie gesehen, ein Funkgerät hatte sie nicht dabei, am Handy war sie nicht zu erreichen. Leichte Panik breitete sich aus. Mit dem Fernglas wurde der Berg abgesucht. Oben an der Hangkante wurde schließlich etwas entdeckt, was vielleicht ein Gleitschirm sein konnte. Sogleich machte sich von uns ein Rettungstrupp auf, sie wussten aber nicht, was sie erwartete und nahmen den Erste-Hilfe-Kasten mit. Auch wir bangten am Landeplatz eine quälend lange Zeit. Langsam wurde es dunkel. Vom Startplatz aus mussten die Piloten noch längere Zeit durch den Wald laufen, bis sie die vermeintliche Absturzstelle erreichten. Ständig standen wir in Funkverbindung. Endlich fanden sie die Pilotin, unverletzt. Beim Soaren war sie zu tief gekommen, sodass sie „auf den Baumkronen“ lief und dann dort den Boden erreichte. Der Gleitschirm hatte sich dabei hoffnungslos in den Bäumen verfangen. Sie ließen den Schirm wo er war und fuhren zurück ins Tal. Mittlerweile war es stockdunkel. Großes Aufatmen bei uns. Am nächsten Tag machte sich ein Baumfällkommando, bestehend aus mehreren Piloten, auf zu dieser Stelle. Den Gleitschirm konnte man nur retten, indem man drei kleine Bäume fällte, denn die Leinen hatten sich hoffnungslos um die Äste gewickelt. Ende gut, alles gut.

Das Praktische am Lijak ist, dass man hier als Flugschüler am Tag mindestens 5 Flüge sammeln kann, vorausgesetzt das Wetter passt. So hat man nach so einem Flugurlaub sein Fliegerpunktekonto schon etwas gefüllt. Mir hatte dieser Fliegerurlaub hier in Slowenien sehr gut gefallen, sodass wir für die nächste Saison gleich wieder eine Reise buchten. Auch Jens, der ja seine Fliegerlizenz schon hatte, kam hier auf seine Kosten, da man an der langgezogenen Hangkante sehr gut Soaren konnte. Bei späteren Flugurlauben hier, konnte ich dann auch öfters mal einen Blick über der Bergkante ins Hinterland werfen 🙂

 

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