Reisebericht

Den Winterurlaub verbrachten wir gleitschirmfliegend in Südafrika und für den darauffolgenden Herbst hatten wir geplant, diesmal in Portugal rumzufliegen.

Sao Martinho do Porto

In Lissabon am Flughafen fand sich unsere Fliegertruppe ein (wir waren 14 Piloten). Dann ging es luxuriös in einem schwarzem und in einem weißen Mercedesbus mit getönten Scheiben in das Fischerstädtchen Sao Martinho do Porto. Dieses lag an einer Lagune, welche durch eine Meerenge mit dem Atlantik verbunden war. Die weißen Häuser (oft mit den hier typischen Fliesen verziert), die engen Gassen und die Nähe zum Meer ließen gleich Urlaubsstimmung aufkommen. Unsere Unterkunft war auch in diesem Urlaubsstil errichtet und die typischen Fliesen hier verzierten nicht nur das Bad, sondern auch die Wände von Treppenhäusern und Zimmern. Alles war eng und verwinkelt, aber trotzdem fanden wir unten im Restaurant noch ein Plätzchen. Auf Grund der Nähe zum Meer nahmen Fischgerichte und Meeresfrüchte viel Platz auf der Speisekarte ein, aber auch Fleischgerichte hatte man dort noch untergebracht. Portugiesischer Rotwein und Portwein wurde an dem Abend reichlich ausgeschenkt. Das Essen servierte man in mehreren Gängen. Es schmeckte vorzüglich.

Ausgeschlafen wollten wir am nächsten Morgen natürlich fliegen gehen. Das Wetter sah flugtechnisch leider nicht optimal aus. Wir besichtigten mehrere mögliche Startplätze an der Steilküste. Die wilde Küstenlandschaft beeindruckte mich sehr und erinnerte mich ein bisschen an Südafrika. Da der Wind für einen Start nicht passte, fuhren wir hinunter zum Strand. Der Strand von Salgado ist riesig, breit sowie auch lang. Was auch unglaublich groß war,  die Wellen hier. So etwas hatte ich noch nicht gesehen. Ich getraute mich ja nur in den Ausläufern der Welle am Strand mit den Füßen herumzutappen. Mutige gingen bis zu den Knien hinein. Mehrmals mussten wir vor einer Riesenwelle davonrennen, weil wir uns zu nahe herangewagt hatten. Wenn es hier einem die Beine wegzieht, was durch den gewaltigen Sog schnell passieren kann, ist man weg auf Nimmerwiedersehen. Hier bei Nazaré ist der Hotspot der weltbesten Surferelite, denn hier gibt es die größten surfbaren Wellen der Welt. Wie man sich bei solch einem Wellengang aufs Meer wagen kann, ist mir ein Rätsel. Nach dem Spiel mit den Wellen wollten wir mit dem Wind spielen. Also hieß es Gleitschirme auspacken fürs Groundhandling. Jedem standen mehrere Hundert Meter Platz zur Verfügung, aber irgendwie groundhandelten wir doch alle an einer Stelle. Wir waren die einzigsten hier, der riesige Sandkasten – menschenleer.

Nazaré

Nachdem alle Muskelkater hatten, beschlossen wir noch bisschen Kultur einzubauen und besichtigten die naheliegende Stadt Nazaré. Der Stadteil Sítio liegt auf einem Felsmassiv, dessen Steilwände nahezu senkrecht abfallen. Unsere beiden Luxusbusse wurden unten in der Nähe des Strandes abgestellt und wir mussten den steilen Felsen zu Fuß erklimmen. Nein, nicht klettern, es gibt Wege. Früher fuhr eine Bergbahn hier hinauf, die diesen Höhenunterschied von 110 m überwand. Aber die hatte schon lange ihren Betrieb eingestellt und so hieß es hike and not fly. Oben angekommen, wurden wir mit einer herrlichen Aussicht belohnt. Von diesem Aussichtspunkt, unterhalb der Festung São Miguel Acanjo, konnte man den Surfspot sehen. Die Wellen können hier bis 20 m hoch werden und brechen einige hundert Meter vor der Bucht im offenen Atlantik. Surfer sahen wir leider nicht auf dem Meer. Wahrscheinlich waren die Wellen nicht hoch genug 🙂  Auf dem Hochplateau liegt der Stadtteil Sítio von Nazare mit seinem historischem Zentrum und dem bunten Markttreiben.  Auch hier waren die Azulejos, die blauweißen oder bunten Fliesen, allgegenwärtig. Denn sie schmücken ganze Fassaden von Gebäuden, waren aber auch in den Souvenirständen in Form von Untersetzern, Magneten, Taschen, Geldbörsen, Vasen und anderen lebensnotwendigen Sachen zu finden. Wir besichtigten die Kirche Nossa Senhora da Nazaré sowie den örtlichen Eisladen. Zu Abend gespeist wurde in einem Fischrestaurant am Hafen von Sao Martinho do Porto. Die Hummer schwammen noch quicklebendig im Aquarium herum und man zeigte dann auf einem Hummer seiner Wahl. Der wurde dann zubereitet und serviert. Dann war man erst mal eine Weile beschäftigt an die essbaren Teile des Hummers heranzukommen. Dazu wurde ein kleiner Werkzeugkasten neben dem Teller platziert 🙂

Am nächsten Tag standen wir wieder an der Steilküste über dem Strand von Salgado und hatten Glück. Der Wind passte. Pech war nur, dass man sich nicht weit vom Startplatz beim Fliegen entfernen konnte, sonst erreichte man von dieser Stelle aus den Strand nicht mehr. Man konnte nicht groß aufsoaren. Das hieß also, es konnte immer nur ein Pilot fliegen. Der hatte ein bestimmtes Zeitfenster zur Verfügung und musste dann wegfliegen. So kam einer nach dem anderen dran und wenn einer zu lange blieb, murrten die anderen. Aber zumindest kamen wir so alle zum Fliegen und konnten danach ja auch wieder hinauffahren. Jens startete rückwärts und während er den Schirm über sich stabilisierte, hob er ab und flog rückwärts hinaus. Ooooh. In der Luft drehte er sich dann in die richtige Richtung, nachdem er ein Stück vom Hang weggeflogen war. So schnell kann es gehen, ich war mächtig erschrocken, er natürlich auch. Die Flüge zum Strand waren sehr schön, aber nicht allzu lange. Die Landefläche war riesig, sodass man gut Abstand zum Meer halten konnte. Man sollte nicht mal in der Nähe der Brandung landen, denn die Gefahr besteht, dass der Gleitschirm von den Wellen ins Wasser gezogen wird und dann hat man keine Chance. Leider sind solche tödlichen Unfälle mit Gleitschirmfliegern hier schon passiert.

Am Abend wurde uns in einer Riesenpfanne (ich schätze einen Meter Durchmesser) eine Riesenpaella serviert. Wir schafften es tatsächlich, alles bis auf den letzten Reiskrümel aufzuessen 🙂
Da wir zwar oft, aber nicht lange hier an der Küste geflogen sind, wollten wir es im Landesinneren mal versuchen. Wir fuhren nach Minde. Dort gab es eine Hügelkette, welche sich zum Gleitschirmfliegen eignete. Der Landeplatz, mit hohem Gras und gelegentlich mit Büschen durchsetzt, befand sich am Fuße des Berges. Die Thermik war sehr gut bis deftig, wie bereits fliegende Piloten über Funk berichten. Ich wollte als letzte raus und das erwies sich zum wiederholten Male als Fehler. Als ich startbereit meine Flügel ausbreitete, rollten sich die Eintrittskanten ein – da kam der Wind also von hinten. So hieß es für mich ärgern, Aussicht genießen und den anderen (inklusive Jens) beim Fliegen zuzuschauen.

Auf dem Rückweg kamen wir in Óbidos vorbei. Diese mittelalterliche Stadt mit den weißen Häusern und den verwinkelten blumengeschmückten Gassen konnte man nur zu Fuß oder in Pferdekutschen erkunden, Autos dürfen in die Stadt nicht fahren. Óbidos ist von einer Stadtmauer umgeben, auf der man entlang laufen kann. Die original erhaltene Stadtmauer stammt aus dem Jahr 1527 und bietet auf dem schmalen Mauerrand nur eine Seite Mauer zum Festhalten. Auf der anderen Seite geht es senkrecht, vielleicht zehn Meter, hinunter. Die Mauer war ohne TÜV-Abnahme gebaut worden, nehme ich mal an. Mir war das nicht geheuer und während das vielen keine Probleme bereitete da entlang zu spazieren, bekam ich Höhenangst und setzte die Stadtbesichtigung lieber am Boden fort. Echt komisch, beim Gleitschirmfliegen hab ich keine Höhenangst, da wär es ja eher angebracht. Bei solchen Gelegenheiten passiert das mir aber schon.

Am nächsten Tag hatte unser Fluglehrer noch ein weiteres Fluggebiet im Landesinneren ausgekundschaftet: Pico da Ortiga. Auf diesem Berg standen drei riesige Windräder. Der Landeplatz war von Obstplantagen umgeben, gleich nebenan wuchsen Kiwis. Da standen wir nun am Landeplatz in der sengenden Sonne und aßen Kiwis. Unser Fluglehrer organisierte derweil eine Fahrgelegenheit auf den Berg und kam einige Zeit später mit einem Gemüselaster wieder. Der Fahrer musste erst mal Platz auf der Ladefläche schaffen und dann kletterten wir alle da hinauf und nahmen zwischen unseren Gleitschirmen Platz. Die Fahrt war nicht bequem, aber sehr spannend und sehr staubig. Die Offroadpiste da hinauf schaffte der Laster mühsam, aber wirbelte dabei eben auch extrem viel Staub auf. Die Stimmung an Bord war bestens. Auf der Ladefläche war es nicht grad bequem und man wurde ordentlich durchgeschüttelt. Dafür hofften wir auf einen ruhigen Flug. Für die letzte steile Strecke war die Beladung zu schwer für den Gemüselaster. Die Beladung musste also reduziert werden und die Wahl fiel auf die Piloten. So mussten wir laufen, die Gleitschirme durften sitzenbleiben, die konnten ja nur fliegen. Oben angekommen, bot sich ein toller Weitblick. Ich stand noch nie unmittelbar unter einem Windrad, die Dinger sind schon echt riesig. Der Startplatz war groß und weiter unten im Tal (von hier aus nicht einsehbar) befand sich unser Landeplatz. Diesmal wartete ich nicht bis zum Schluss, sondern flog als einer der ersten raus. Über einem vorgelagerten Hügel konnte man sich gut oben halten. Ich genoss die frische Luft und die schöne Aussicht, die von hier oben natürlich noch viel schöner war. Echt cool. Der Landeplatz zwischen all dem Obst war nicht allzu groß. Bei der Landeeinteilung machte ich einen Fehler und baute die Höhe zu weit vom Landeplatz entfernt ab. Einen bewachsenen Zaun kurz vor dem Landefeld konnte ich nicht mehr überfliegen und blieb dort hängen. Das war nicht schlimm. Aber dann sah ich, dass der Zaun mit Betonpfeilern bestückt war, welche ich aber verfehlt hatte. Das wär nicht so gut ausgegangen. Glück gehabt.

Traumhafte Fluggebiete im Nationalpark Serra da Arrábida.

Nachdem wir ein paar Tage nördlich von Lissabon verbracht hatten, sollte unsere Reise weitergehen, um Fluggebiete südlich von Lissabon kennenzulernen. Unsere Fahrt ging quer durch Lissabon, aber eine Stadtbesichtigung konnten wir nur vom Bus aus unternehmen. Die ewig lange Brücke über die Tejo-Bucht, an dessen Ufern die Stadt lag, war sehr beeindruckend. Unser neues Quartier am Rande von Albufeira war ein rustikales Haus, welches unsere Fliegergruppe alleine bewohnte. Die Küstenlandschaft hier in der Serra da Arrábida ist berühmt durch ihre bewaldeten Hügel, hoch aufragenden Felsen und malerischen Strände. Die Strände hier mit dem weißen Sand, dem türkisblauen Wasser und den steil aufragenden Bergen im Hintergrund zählen zu den schönsten Portugals. Außerdem liegt die Küste geschützt vor den mächtigen Wellen des Atlantischen Ozeans, das heißt man kann sich ohne Surfbrett ins Wasser begeben. An dieser einmaligen Küste zu fliegen, darauf freuten wir uns. Allerdings ging das nur, wenn der Wind aus der richtigen Richtung kam. Tat er nicht. Unser Fluglehrer schlug vor, es auf der anderen, vom Meer abgewandten Seite zu versuchen. An einer alten Windmühle machten unsere zwei Luxusbusse halt und wir liefen zu Fuß weiter, erst mal ohne Gleitschirmgepäck, um die Lage zu erkunden. Es war ein weiterer Marsch zum vermeintlichen Startplatz, der neben einer Ausgrabungsstätte lag. Mehrere Ausgräber waren gerade mit Ausbuddeln beschäftigt. Zum Fliegen ging es nicht. So besichtigten wir wenigstens die alten Gemäuer aus der Jungstein- oder Bronzezeit, die hier soeben freigelegt wurden. Weiter ging die Fahrt auf der Suche nach einem geeigneten Landeplatz, aber wir fanden keine Fläche, die diesen Anforderungen entsprach. Überall Bäume, Zäune und dergleichen. Nachdem wir die Hügelkette umrundet hatten, fuhren die Estrada de Escarpa, eine der malerischsten Straßen hier in der Gegend, wieder zurück zum Ausgangspunkt.

Der Startplatz oberhalb des Strandes mit spektakulärer Aussicht.

Die Straße schlängelte sich am steil abfallenden Küstengebirge entlang und bot spektakuläre Ausblicke. Wir inspizierten nochmal den Startplatz oberhalb vom Figueirinha-Beach und es sah eigentlich nicht so schlecht aus zum Fliegen. Für den Startplatz hatten einheimische Piloten das mediterrane Gestrüpp zur Seite geräumt und einen Steinteppich ausgerollt. Er war nicht klein, aber mehr als ein Pilot konnte trotzdem nicht starten. Die ersten Piloten schwebten dem Strand entgegen. Der Weg dahin war schon ziemlich weit. Spektakulär in dieser Landschaft auf jeden Fall. Ich stand auch flugfertig am Startplatz, aber es zog sich hin, bis man an der Reihe war. Der Wind wurde immer zwielichtiger, dann wehte er immer eindeutiger über den Kamm von hinten. So kam nur die eine Hälfte unserer Gruppe fliegend zum Strand hinunter, die andere Hälfte musste mit dem Bus fahren. So ein Mist. Der Strand war groß und feinsandig. Die Sonne brannte sehr heiß vom Himmel, ich sprang ins Wasser um mich abzukühlen und bekam fast einen Herzschlag. Das Wasser war eiskalt. War ja schlimmer als an der Ostsee. Nur ganz kurzfristig konnte ich in die Fluten eintauchen, dann musste ich mich wieder in der Sonne aufwärmen.

Auch am nächsten Tag fuhren wir spektakulär gelegene Startplätze ab, aber wir hatten wieder das Windproblem. So blieb uns nur, Groundhandling zu machen am Meco Beach und unseren letzten Tag in dem tollen Strandrestaurant ausklingen zu lassen. Bei sehr gutem Essen (Fisch, Meeresfrüchte) und Trinken (Rotwein, Landebier) und mit dem Blick von der Terrasse auf die untergehende Sonne im Meer, verbrachten wir unseren letzten Abend hier.

Portugal hat mir sehr gut gefallen, obwohl wir Pech mit dem Wetter wegen eines festsitzenden Azorenhochs hatten. Portugals wilde Küstenlandschaft hat mich sehr an Südafrika erinnert. Wenn man also den Urlaub in nicht so weiter Ferne verbringen will, manche Ziele liegen auch nah und bieten einiges.

 

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