Reisebericht
Ankunft und erster Flug
Wir waren noch nie in Bassano del Grappa und beschlossen, dieses Fluggebiet mal auf einer Gleitschirmreise kennenzulernen. Die Anreise war auf einen Samstag gefallen und das auch noch in den Ferien und dann ging es auch noch in Richtung Süden – keine optimale Mischung. Treffpunkt am Landeplatz Paradiso in Semonzo war auf 13:00 Uhr angesetzt und da freitags noch gearbeitet wurde und abends noch die Koffer gepackt wurden, bestand keine allzu große Lust am Morgen sehr zeitig aufzustehen, um den zu erwartenden Stau zu umgehen.
Wir sind also gemütlich 07:30 Uhr losgefahren, aber ein Blick ins Navi sagte uns schon, dass es sich mächtig staute auf der Autobahn in Richtung Süden. Als wir endlich am Nachmittag ankamen, war ich fix und fertig (obwohl nur Beifahrer, aber auch das war anstrengend 🙂 ). Unsere Gruppe bestand aus 9 Piloten und zwei Fluglehrern. Es gab eine Einweisung auf dem Landeplatz und die Frage nach nach einen Flug wurde von allen (außer mir 🙂 ) mit einem „Jaaaa“ beantwortet. Ich war einfach nur geschafft. Also schnell die Zimmer beziehen im tollen Hotel „Antica Abbazia“ und mit dem Bus ab auf den Berg.
Es kann auch mal regnen in Italien
Der nächste Tag war wettertechnisch nicht so optimal. Aber am Vormittag machten wir zwei schöne Flüge bei Sonnenschein. Der Startplatz lag zeitweilig in den Wolken, denn die Sonne trieb die Feuchtigkeit den Berg hinauf. Wir mussten dann immer eine Lücke abwarten, bis wir starten konnten. Damit es nicht langweilig wird, landete einer von uns am Landeplatz im Baum. Selbstverständlich ist nichts passiert, nur die Bergung des Schirms erforderte eine Leiter und viele helfende Hände, um den Gleitschirm da wieder herauszupflücken. Der verärgerte Grundstücksbesitzer wurde mit 20 Euro besänftigt, sein Grundstück lag direkt neben der „Einflugschneise“.
Thermikflüge
Das Schönste an Bassano war das tolle Wetter die restlichen Tage (30 Grad) und die tollen Thermikflüge. Auch wenig geübte Piloten konnten sich in die Höhe schrauben und die phantastische Aussicht auf die Berge und über das Tal genießen, wenn sie die Fluglehrerkommandos befolgten (jeeeetzt rechts eindrehen …). Erst mal oben angekommen, ging es großflächig mit gemütlichem Steigen weiter hinauf. Die Hotspots waren ja auf den Anschlagtafeln mit „Take off“ eingezeichnet 🙂 , damit man gleich Bescheid weiß. Nach meiner Erfahrung ging es aber praktisch in jedem Geländeeinschnitt nach oben und am Ende des Bergs kam die Thermik auch immer zuverlässig um die Ecke 🙂 .
An einem Tag war sehr viel los am Himmel, alle Piloten tummelten sich im gleichen Himmelsabschnitt, das sah ja aus wie bei einem Wettbewerb. Mir war das zuviel und ich flog woandershin, dort hatte ich einen Privat-Bart für mich ganz alleine, den ich später nur noch mit einem anderen Piloten teilte. Manchmal ging es wie mit einem Expressfahrstuhl nach oben, das war schon cool. Dass meine Entscheidung richtig war zeigte sich, als zwei Piloten unserer Gruppe sich in dem Gedränge touchierten und an zwei Rettungsschirmen in den Wald fielen. Die Feuerwehr von Bassano musste anrücken, denn die Bäume waren sehr hoch. Zum großen Glück ist nichts Schlimmeres passiert außer paar Schrammen und kaputten Schirmen und dass die beiden den Rest der Reise nicht mehr miteinander redeten.
Ein Flugschüler von uns hat seine A-Schein Prüfung in Bassano abgelegt und auch bestanden.
Zur Baumlandung am Landeplatz fehlte jetzt nur noch eine am Startplatz und dann war es soweit. Die Pilotin wurde aber weich abgefangen, man hörte sie nur laut fluchen. Die Rettung des Gleitschirms aus dem Gestrüpp gestaltete sich schwierig, da sich zwischen den Bäumen und Büschen dichtes Dornengestrüpp befand. Alle Helfer waren danach mit deutlichen Kratzspuren gekennzeichnet, nur der Schirm hatte nichts abbekommen und flog danach mit der Pilotin ins Tal.
Early Bird
Wir sind manchmal sprichwörtlich bis zum Sonnenuntergang geflogen, einmal sind wir schon fast in der Dunkelheit gelandet. Auch im Dunkeln, aber früh, versprach so ein Early Bird zu werden. Als ich von der Idee hörte, war ich wenig begeistert. Zeitig aufstehen und das auch noch im Urlaub, das ging ja gar nicht. Schließlich ließ ich mich doch überreden.
04:45 Uhr klingelte der Wecker und dann hieß es schnell in die Klamotten springen, denn gleich danach ging es los. Alle hingen im Bus ab, manche versuchten zu schlafen. Ich erst auch, aber dann wäre mir wohl von den gefühlten 100 Steilkurven schlecht geworden. Das Tal, von dem wir uns schnell entfernten, lag noch im Dunkeln und die Lichter glitzerten, wie man das aus einem Flugzeug kennt. Fand ich irgendwie toll. Nach den gefühlten 100 Serpentinen kamen wir am Panettone (1.563 m) an. Es war kalt und die Sonne war noch nicht aufgegangen.
Ich muss zugeben, ich kann mich jetzt nicht an sooo viele Sonnenaufgänge erinnern, außer man ist mal von einer Party zu spät (bzw. früh) nach Hause gekommen 🙂 . Sonnenuntergänge ja, aber Sonnenaufgänge? Es herrschte ein magische Stimmung. Endlich war es soweit. Erstaunlich schnell kroch die Sonne hinter den Berggipfeln hervor und tauchte alles in ein rotes Licht. Es herrschte totale Stille, nur die Handykamers klickten 🙂 . Je höher die Sonne stieg, umso wärmer wurde es, statt Windstille wehte jetzt ein Lüftchen, die Insekten erwachten 🙁 und schwirrten herum und die Kühe bimmelten durch die Alm.
Wir verbrachten noch eine längere Zeit am Gipfel, da der zweite Fluglehrer ja erst mal erwachen, frühstücken und am Landeplatz erscheinen musste, um die Flugschüler einzuweisen. Manche dösten auf ihren Packsäcken, andere besichtigten die Granatkrater aus dem 1. Weltkrieg auf der Suche nach einem Klo, andere wanderten zum Beinhaus auf den Monte Grappa (1.742 m) hinauf. Der Monte Grappa ist der höchste Gipfel der Vizentiner Alpen und nach ihm wurde ein italienischer Schreibgerätehersteller benannt.
Endlich war der zweite Fluglehrer am Landeplatz eingetroffen. Als erster flog Klaus (Klaus muss raus – war der Spruch des Urlaubs 🙂 ) raus, und danach alle anderen. Allein die Höhendifferenz ins Tal betrug fast 1.400 Höhenmeter, da ist man schon mal 20 Minuten unterwegs, auch wenn man nur geradeaus nach Paradiso fliegt. Es war wirklich ein toller Flug!!! Perfekt wurde er, als vor mir ein großer Greifvogel (weiß der Geier, was das für ein Vogel war), seine Kreise zog. Die Aussicht reichte (bei klarer Sicht) bis nach Venedig, welches 70 km entfernt lag. Ich flog also die Bergkette entlang, besichtigte die anderen Startplätze von oben und landete mit knurrendem Magen in Paradiso. Wow!
Kontrastprogramm
Abends beim Essen wurden Flugerlebnisse ausgetauscht, Landebier getrunken und Pizza gegessen. Fotos vom Essen gibt’s hier nicht, jeder weiß ja wie eine Pizza aussieht 🙂 .
Nach einer schönen Woche Bassano verabschiedeten wir uns von der tollen und sehr lustigen Truppe. Während die meisten nach Hause fuhren, ging es für uns nach Bibione an den Strand.
Wir wählten den Strand, da uns Venedig zu voll war im August.
Fazit: Der Strand war es auch 🙂 !!