Reisebericht

Gut essen und gut fliegen

Nachdem ich beeindruckende Bilder vom Fliegen an einer Steilküste über azurblauem Meer in Griechenland gesehen hatte, wollte ich da hin. Leider war kein Platz mehr frei auf einer Reise nach Lefkada. So entschieden wir uns für den Olymp, Hauptsache Griechenland. Im Nachhinein muss ich sagen, war eine gute Entscheidung. Denn das Fliegen am höchsten Berg Griechenlands war ein besonderes Erlebnis. Das Fluggebiet war abwechslungsreich und vom Olymp aus konnte man sogar zum Meer fliegen (Streckenflieger). Für alle anderen Piloten gab es einen Startplatz in der Bucht von Litochoro, von wo man auch den Strand erreichen konnte.

Hier wohnen wir oberhalb der Bucht von Litochoro.

Unser Flug ging nach Thessaloniki und von dort aus fuhren wir die Küste entlang nach Litochoro. Dort kurvten wir in Serpentinen den Berg hinauf und als sich die schönste Aussicht bot, hielten wir an. Hier lag unser schnuckeliges Hotel in der Nähe eines urigen Bergdorfes mit dem unaussprechlichen Namen Palaois Panteleimonas. Der rustikale Stil der Unterkunft mit den unverputzten Steinwänden (auch im Bad) und dem Kamin gefielen mir. Die einzelnen Gebäude waren durch Treppen und Steinstufen miteinander verbunden und von unserem Zimmer aus hatte ich den Überblick über die Bucht von Litochoro. Einfach phantastisch.

Am nächsten Morgen beim Briefing wurden uns anhand einer großen Karte die Fluggebiete und die Streckenflugmöglichkeiten erklärt und Tipps fürs Thermikfliegen gegeben. Zwei Fluglehrer stehen unserer Fliegertruppe zur Seite, ein deutscher und ein griechischer – Stelios. Wobei Stelios das Sagen hatte, ist ja auch sein Flugrevier 🙂   Nur ein paar Autominuten vom Hotel weg, oberhalb von Palaois Panteleimonas, befand sich der erste Startplatz auf 590 m neben der kleinen Kirche Saint Athanasius.

Traumhafter Ausblick vom Startplatz und beim Fliegen. Gelandet wird am Strand.

Auch hier bot sich eine phantastische Aussicht auf das Olympmassiv zur linken Seite und das Meer zur rechten Seite. Der Landeplatz lag am Strand. Die Straße schlängelte sich vom Meer über 8 km hier hinauf, wenn man also nicht so viele Kurven fliegt, ist es um einiges kürzer zum Strand. Kann man im Gleitflug schaffen. Falls nicht, stehen zwei Notlandplätze zur Verfügung. Ein Feld in der Nähe bietet sich an, umgeben von Olivenhainen. Die letzte Landemöglichkeit auf dem Weg zum Strand ist ein mit hohem Zaun eingerahmter Sportplatz. Da muss man aber schon genau zielen beim Landen und wie man aus diesem Gefängnis wieder entkommen kann, keine Ahnung. Weitere Landemöglichkeiten auf dem Weg zum Strand bieten sich nicht. Die Fluglehrer erzählten mir, dass auf dem Notlandeplatz schon Bären gesichtet wurden. Ob das stimmt oder sie mich nur ärgern wollten, weiß ich nicht. Etwas nervös machte ich mich auf zu meinem ersten Flug. Der Rückwärtsstart, obwohl ich ihn noch nicht so gut beherrschte, klappte perfekt und zack … draußen war ich. Ich schwebte dem Meer entgegen. Auf dem Weg dahin passierte ich das Bergdorf Palaois Panteleimonas, Besichtigung von oben also. An einem markanten Punkt konnte man abschätzen, ob die Höhe reichen würde bis zum Strand oder nicht. Über Funk bekam ich die Anweisung, den Notlandeplatz anzusteuern. Ich dachte an die Bären und mir war nicht wohl dabei. Ich landete auf dem Feld, packte meine Sachen zusammen und setzte mich unter einen Olivenbaum. Und hoffte inständig, dass mich bald mal jemand aus dieser Einsamkeit abholte. Leider dauerte es länger, bis Hilfe nahte.

Die Flugstrecke bis zum Meer. Gute Soaringmöglichkeiten bieten sich an der Burg im Hintergrund.

Auf weiteren Flügen schaffte ich auch die Strecke bis zum Meer. Oberhalb des Strandes Platamonas thront auf einem Felsen eine Burg, die gute Thermik bot. So kam es manchmal vor, dass wir alle in der Luft oberhalb dieser Burg rumkurvten und ein gutes Fotomotiv für die Touristen abgaben. Außerdem war es doch viel schöner, die Burg von oben zu besichtigen und sich den Eintritt zu sparen. Der Strand war gut besucht und eine Landung musste gut geplant werden. Ist mir immer super gelungen, klappte aber nicht bei allen Piloten. Einer hatte einen hohen Baum knapp verfehlt und ein anderer ist über die Markise des Strandrestaurants gerauscht. Aber alles gut gegangen. Einmal sichtete ich am Strand einen Drachen am Himmel. Es ist immer schwierig die dünne Drachenschnur zurückzuverfolgen und wer die denn jetzt in der Hand hat. Sicherheitshalber landete ich ganz nah am Wasser. Der Typ wurde ausfindig gemacht und zog dann seine Drachenschnur ein.

 

Im Strandrestaurant holten wir immer unser Landebier ab, entweder wir gingen noch baden oder ließen uns gleich Tsatziki, Gyros, Bifteki und Co. sowie Fisch und Meeresfrüchte schmecken. Alles immer mit reichlich Knoblauch, aber da in unserer Fliegertruppe alle Knoblauch aßen, fiel das keinem auf. An einem Abend wurde eine kleine Strandparty gefeiert mit großem Lagerfeuer, Gitarrenmusik mit griechischer Folklore, gutem Essen, viel Rotwein und einem Vollmond, der die Szenerie vom Meer aus beleuchtete. Perfekt.

Die anderen Fluggebiete lagen beim Olymp und waren von hier aus auch gut zu erreichen. Die Straßen dahin gingen nie geradeaus und hatten immer unglaubliche viele Kurven. Ich musste zusehen, dass mir da nicht schlecht wurde. Als erstes kam immer der Berg Kalipefki in Sicht, ein Ausläufer des Olymp. Die Piste auf den 950 m hohen Gipfel führte durch Wald und war sehr holperig. Oben angekommen breitete sich vor uns eine Hochebene aus, die durch die verschiedenfarbigen Felder wie ein Schachbrett aussah. Die Höhendifferenz betrug nur 110 m. Bei entsprechendem Wind konnte man vor dem Berg gut soaren, ehe man auf einem der Felder unten landete. Einmal stand die Sonne so tief, dass ich beim Fliegen den Gegenverkehr kaum sehen konnte, da musste man echt aufpassen. War der Wind nicht so stark, kam ich mit jeder Kurve etwas tiefer unten an. Bei gutem Wind konnte man an Höhe gewinnen. Da der Wind schon etwas stärker sein musste um hier zu soaren, hatte ich einmal Probleme beim Start. Auch ein anderer Schirm hatte sich bereits in den Bäumen verfangen. Ich beschloss aufzugeben und heute nicht mehr zu fliegen. Aber Stelios duldete keine Widerrede 🙂  Er befahl mir mich startklar hinzustellen, dann zog er rückwärts meinen Schirm auf und sagte: „Go!“. Nur laufen musste ich noch alleine und dann war ich in der Luft 🙂  Praktisch. In einem Dorf hier unten im Tal suchten wir eine Taverne auf und extra für uns wurde ein Lamm geschlachtet und drehte sich im Ganzen auf dem Fleischspieß über dem Feuer. Dazu gab es Reis, Salatbeilagen, reichlich Tzatziki sowie Metaxa und Rotwein. War ein cooler Abend.

 

Fliegen wo die Götter thronen

Jens bei der Startvorbereitungen

Ein Highlight war natürlich, am Hauptmassiv des Olymps bei Kalyvia zu fliegen. Die Auffahrt durch die kahlen Berge war lang, die Piste staubig und voller Furchen und Schlaglöcher. Gelegentlich standen Schafherden am Wegesrand und glotzten uns hinterher. Der Startplatz Tourtofolia befindet sich auf 1.239 m Höhe. Auf dem Grashügel kann man in drei Richtungen starten, die Höhendifferenz bis zum Tal beträgt 608 m. Hoch über uns konnte man noch höhere Gipfel des Olymp sehen. Ein gewaltiges Bergmassiv. Die Thermik durch die vorgelagerte Ebene ist hier sehr gut, der Olymp ist auch Worldcup Wettbewerbsgebiet. Geplant war, von hier aus bis zum Strand zu fliegen. Auf der Serpentinenstraße waren es 60 km bis vom Meer bis hierher, dann lag der Luftweg vielleicht bei 25 oder 30 km. Jens wollte es probieren, ich peilte eher das große gelbe Feld an, welches zum Landeplatz auserkoren und mit einem Windsack bestückt worden war. Durch die großen Flächen hier oben war der Start einfach und die Thermik war auch schon heftig am Arbeiten. Jens sah ich im Geradeausflug nach unten sinken und mir war klar, dass er sich mächtig darüber ärgern würde. Aber siehe da, dann hatte er einen Bart gefunden, mit jeden Kreis stieg er weiter hinauf, bis er sehr weit oben über unseren Köpfen flog und nur noch ein kleiner Punkt am Himmel war. Auch einige andere Piloten befanden sich in diesen luftigen Höhen (ein Höhenmesser zeigte 2.700 m, ein anderer 3.000 m). Nach längerer Zeit flog Jens zum nächsten Berg, drehte dort wieder auf und dann konnte ich ihn nicht mehr sehen.

Jens fliegt so hoch, dass er nur noch als Punkt am Himmel zu sehen ist. Im Hintergrund einer der Gipfel des Olymp.

Ich startete hinaus und fand auch sogleich eine schöne Thermik. Ich kreiste immer in der Nähe des Berges hin und her, konnte den Gipfel weit unter mir sehen und die mini kleinen Schirme, die dort ausgelegt waren. Langsam wurde mir das unheimlich, dass es ständig nach oben ging und ich flog weiter hinaus. Je höher ich kam, umso ungemütlicher wurde es auch. Der Wind pfiff mir um die Ohren und ich beschloss mal ein Loch zu suchen, wo es nach unten ging. Das fand ich dann glücklicherweise auch. Vor mir in der Ebene sah ich einen Gleitschirm der recht tief war. Auf einmal hatte dieser einen Bart gefunden und schoss mit einer Geschwindigkeit in die Höhe, so was hatte ich noch nicht gesehen. Im Nu hatte er mich in der Höhe überholt. Ich beschloss, diesen gigantischen Bart weiträumig zu umfliegen, ich wollte nicht unbedingt auch so in die Höhe katapultiert werden. Irgendwann flog ich den Landeplatz an, aber es dauerte auch längere Zeit, bis ich da unten war. Außer mir landeten noch zwei Piloten hier, die anderen hatten sich auf in Richtung Meer gemacht. Der eine Pilot hatte auf 2.000 m seinen Flug abgebrochen, weil er noch weiterleben wollte wie er sagte. Der andere berichtete von 8-m-Bärten. War wahrscheinlich der, den ich gesehen hatte. Am Nachmittag fuhren wir durch die Gegend und sammelten die Piloten wieder ein. Nur wenige hatten es bis ans Meer geschafft. Von Jens hatte ich nichts gehört und machte mir bisschen Sorgen. Schließlich hielten wir an einer Straße, wo er angeblich gelandet sein sollte und dann sahen wir ihn und einen anderen Piloten weit drüben im Feld. Er war sehr happy, hatte sich dann aber nicht getraut bis zum Meer zu fliegen, weil man an einem bestimmten Punkt eine Höhe von 2.000 m haben musste. Denn die restliche Strecke bestand aus unlandbarem Gelände. Im Nachhinein glaubte er aber, es hätte doch gereicht. Über einen Berg hatte er es nur mit Mühe und Not geschafft und überflog den Gipfel in geringer Höhe. Ein anderer Pilot hatte nicht so viel Glück und musste auf diesem Gipfel landen und dann ins Tal laufen. Über dem Tal kreiste er dann noch ein dreiviertel Stunde, es ging ewig nicht runter. Jens berichtete von enormen Rückenwind in der Höhe, sodass sein Tacho 70 km anzeigte.

Das Bergdorf Palaois Panteleimonas mit seinen zahlreichen Tavernen.

Nachdem alle glücklich eingesammelt waren, verbrachten wir den Abend in dem alten Bergdorf Palaois Panteleimonas mit seinen engen gepflasterten Gassen und den unverputzten Steinhäusern. Sehr romantisch hier. In einer Taverne unter Weinreben und bei Kerzenschein ließen wir servieren, was die griechische Küche zu bieten hatte.

Zwei Tage lang begleiteten uns drei brasilianische Piloten und ihr griechischer Freund, aber sonst trafen wir keine anderen Gleitschirmflieger an den Startplätzen.

Während alle Piloten nach dieser sehr schönen Fliegerwoche abreisten, fuhren wir noch nach Chalkidiki (nicht zum Mittelfinger, sondern zum Zeigefinger), um den Urlaub am Strand ausklingen zu lassen. Strand, gutes Essen, Kurzstrecken- und Langstreckenflug – dieser Fliegerurlaub hatte viel zu bieten. Das sollten wir mal wiederholen 🙂

 

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