Reisebericht

Ankunft in Armenien

Beim Auswählen des nächsten Reisezieles tat ich mich schwer. Nach meinem Landeunfall in Nepal bevorzugte ich aktuell riesige Landeflächen, auf denen ich keine Punktlandung hinlegen musste. Aber wo fand ich so ein Fluggebiet? In Armenien. Es wurde beworben mit rieeesigen Startplätzen und rieeesigen Landemöglichkeiten in den Ebenen. Genau richtig für mich. Ich war begeistert. Also hieß es im Sommer – auf nach Armenien. Ich war schon sehr gespannt auf dieses Land im Kaukasus.

Von München aus flogen wir nach Wien. Der Anschlussflug erfolgte nicht pünktlich, da an unserem Flieger angeblich Reifen getauscht werden mussten. Nach dreistündigem Flug setzten wir unglaublich hart auf der Landebahn in Yerewan, der Hauptstadt Armeniens, auf. Ob jetzt schon wieder ein Reifen gewechselt werden mussten, ist nicht überliefert. Es war Nacht und unser Fahrer brachte uns nach Proshyan, einem Vorort von Yerewan. Wir bekamen ein großzügiges Zimmer und fielen früh um fünf ins Bett. Allerdings währte die Nacht nur drei Stunden, am nächsten Tag sollte es zum Fliegen gehen.

Wir wohnen beim Honorarkonsul von Estland.

Bei Tageslicht konnte ich mal unsere Unterkunft betrachten. Es handelte sich um das Haus des Honorarkonsuls von Estland, das verriet das Schild am Eingangstor. Das Haus war sehr großzügig, aber wie hier in Armenien üblich, aus unverputzten Steinquadern gebaut. Auch innen gab es keine Tapete an den Wänden, auch diese Steinquader. Diese verliehen dem ganzen Ambiente etwas Rustikales. Außerdem wurde dieses Haus erdbebensicher erbaut. Beruhigend zu wissen, dass man nicht gleich aus dem Bett fällt, wenn hier die Erde wackelt. Nach dem Frühstück (die Hausherrin hatte alles aufgetafelt was Küche, Keller und Garten zu bieten hatten), trafen wir uns auf der Terrasse neben dem Dörrobst, welches in der Sonne trocknete. Unsere Gruppe bestand aus acht Piloten, einer Pilotin und uns beiden. Eine nichtfliegende Ehefrau war auch dabei, Dagmar wollte sich Armenien von unten ansehen. Zuerst gab es ein ausführliches Briefing über das Fliegen hier in Armenien. Neben unserem deutschen Fluglehrer hatten wir einen Local-Guide, Harut hieß dieser armenische Pilot. Wie zu erwarten war, kannte er sich mit den Fluggebieten hier bestens aus. Wir wurden alle mit einem satellitengestützten Spot Gen3 ausgestattet, sodass für unsere Guides immer nachvollziehbar war, wo wir uns gerade befanden. Mit dem Satellitentracker konnte man sie aber auch alarmieren, wenn man Hilfe brauchte, oder sogar die Bergrettung rufen. Handyempfang war ja nicht immer gewährleistet in den einsamen Gegenden. Was ich nicht gerne hörte, die komfortablen Landeflächen waren oft mit großen Steinen durchsetzt, die man im hohen Gras nicht sah. Na super, ich sah mich schon wieder mit meinem Fuß gegen einen Stein knallen.

 

Fliegen im Kaukasus

Erdgasrohrleitungen säumen die Straßenränder.

Ein Jeep und ein Kleinbus standen im Hof bereit. Gleitschirme die nicht mehr in den Kofferraum passten, wurden aufs Dach verladen. Unsere Fahrt führte uns weg von Yerewan in Richtung Aragaz, der mit über 4.000 m der höchste Berg Armeniens ist. Der Kaukasus ist hier unbewaldet, grasbewachsene Hänge prägen die Landschaft. Hat die Sonne zu intensiv geschienen, sind die Berge nicht grün sondern gelb. In Aparan, am Fuße des mächtigen Vulkankegels, machten wir Halt. In einem Supermarkt mit einer Großbäckerei deckten wir uns mit Lebensmitteln für den Tag ein. Es gab hier eine unglaubliche Auswahl an Brot, Teigfladen, Gebäck und Pasteten. Die Öfen waren in den Boden eingelassen und unten loderte ein Feuer. Die Teigfladen wurden an die Wände des Ofens geklatscht und geschickt wieder herausgefischt, ohne dass sie abstürzten. Als wir sie kauften, waren sie noch sehr warm und dufteten lecker. Wir bogen von der Hauptstraße ab und fuhren eine unasphaltierte Straße in Richtung Berge, allerdings nicht zum Aragaz. Ärmliche Dörfer säumten den Wegesrand. An den Straßen sah man hier schmale und breitere Rohrleitungen, das war mir hier überall aufgefallen. Diese Rohrleitungen führten in eckigen Bögen auch über die Straße oder Hauseingänge hinweg. Es gab keinen Ort ohne diese Rohrleitungen. Ich hielt sie für Wasserleitungen. Bis mir erklärt wurde, dass es sich um Gasleitungen handelt. Da sie immer neben der Straße entlangführten, sollte man hier in Armenien auf keinen Fall von der Straße abkommen mit dem Auto!! Sonst gibt es ein Feuerwerk.

Auch außen am Jeep kann man mitfahren. Da ist aber gut festhalten angesagt 🙂

Wir fuhren ein breites Tal entlang bis zu einem Dorf. Auch hier sah alles sehr ärmlich aus, kein Asphalt auf den Straßen, uralte windschiefe Häuser und uralte Ladas. Von hier aus ging eine krasse Serpentinenpiste den Berg hinauf, für unsere geländegängigen Fahrzeuge aber kein Problem. Oben angekommen, wurden wir mit einer grandiosen Aussicht belohnt. Ein breites Tal mit Feldern, Brachgelände und Wiesen lag zu unseren Füßen, das waren die versprochenen Landeplätze. Hier oben an diesem Grasbuckel hatte man auch extrem viel Platz zum Starten. In der Ferne erhob sich mächtig der Aragaz. Eine beeindruckende Kulisse. Besonders beim Fliegen 🙂  Außer uns war niemand hier. Jens startete als einer der ersten und war auch derjenige, der am längsten oben blieb. Ich konnte beobachten, wie er sich in beachtliche Höhen schraubte (3.000 m zeigte sein Vario) und er sehr hoch über das Tal flog. Auch andere Piloten befanden sich in der Luft. Ich wollte als eine der letzten starten und das erwies sich als Fehler. Der Wind wurde zu stark und eine Wolke mit Regen schob sich heran. Die Piloten seilten sich mit angelegten Ohren ab. Auch Jens schaffte es zum Glück noch rechtzeitig runter. Später erzählte er etwas von 6-m-Bärten. Wir verbliebenen Piloten am Berg klaubten schnell unsere Ausrüstung zusammen und brachten sie vor dem einsetzenden Hagel in Sicherheit in den Jeep. Nachdem sich das Unwetter etwas verzogen hatte, fuhren wir wieder ins Tal. Allerdings war in dem Jeep kein Platz mehr für die Piloten, denn die Sitze waren schon belegt mit halbnassen unsortierten Gleitschirmen. Verkehrte Welt, so fuhren wir außen mit, während die Gleitschirme es sich im Wageninneren gemütlich machten. Seitlich am Jeep gab es schmale Trittbretter und hinten fanden die Schuhe auf der Stoßstange halt. Da die Fahrt sehr holprig war, musste man sich sehr gut am Dachgeländer festhalten, um nicht unterwegs verloren zu gehen. Harut fuhr auch nicht gerade langsam, das machte die Sache nicht einfacher. Ich fand das sehr cool. Ähnlich wie S-Bahnsurfen. Unten wurden die Gleitschirme verpackt und auf dem Dach verschnürt, wie es sich gehörte. Ein Pilot wurde vermisst, Diego. Laut seinem Satellitentracker befand er sich in dem Dorf. Wir fanden ihn nicht und suchten die Straßen ab. Ich besichtigte derweil ein Sowjetdenkmal des Großen Vaterländischen Krieges. Endlich tauchte Diego auf. Auf Grund des Regens wurde er von einer Familie ins Haus gebeten und zum Essen eingeladen. Es hatte also gedauert, bis alles aufgegessen und die zwei Flaschen Wodka geleert waren, mit denen die neue Freundschaft begossen wurde. Er war bester Laune, wir nicht. Auf der Rückfahrt regnete es nochmal kräftig, sodass die Gleitschirme auf dem Dach nun endgültig durchnässt wurden. Ich hatte meinen Gleitschirm auf dem Schoß geparkt, das war zwar unbequem für mich, aber besser für meinen Mescal.

Opulentes Essen

Den Abend verbrachten wir im Hochzeitspalast von Yerewan. Hier wurden gleichzeitig mehrere Hochzeiten gefeiert, da der Hochzeitspalast über viele große und kleine Räumlichkeiten verfügte. Im Garten plätscherte ein großer Springbrunnen und man konnte an einen kleinen See flanieren. Zwar hatten wir nichts derartiges zu feiern, aber man durfte auch ohne diesen Anlass hier essen gehen. Unser Essen bestand aus mehreren Gängen, auf dem Tisch war gar nicht genug Platz für all die Schüsseln und Teller: Gegrilltes Fleisch, gegrillter Fisch aus dem Sewansee, gegrillter Käse, gegrilltes Gemüse, Weinbergschnecken (auch gegrillt), Salate (die Kräuter dazu nahmen einen Extrateller ein), ofenfrische Backwaren usw…. Unglaublich lecker alles. Also auch kulinarisch ist Armenien eine Reise wert. Armenischer Rotwein und Landebier rundeten das Essen ab. Wie wir feststellen sollten, wurden nicht nur im Hochzeitspalast, sondern in jedem Restaurant hier innerhalb und außerhalb Yerewans so ein opulentes Essen serviert. Armenischer Lifestyle eben.

Beim morgendlichen Briefing wurde uns mitgeteilt, dass die deutsch/armenische Fluglehrerleitung beschlossen hatte, dass heute am Hadis die besten Flugbedingungen herrschen. Die Pfade auf den Hadis waren noch viel steiler als bei Aparan, sodass ich manchmal befürchtete, wir würden jetzt gleich umkippen mit unseren Jeep. Zum Glück hielt der sich aber auf den Beinen …äh… Rädern. Oft kamen wir nur im Schritttempo voran, weil die Räder über große Steine holperten. Die Hänge waren mit hohen gelben Gras bewachsen und dazwischen lugten die versprochenen Steine hervor. Kein Baum oder Strauch versperrte die Sicht auf die Landschaft. Oben angekommen hatte man einen gigantischen Weitblick. In der Ebene erstreckte sich eine mir unbekannte größere Stadt mit Hochhäusern. Auch hier lagen größere und kleinere schwarze spitze Steine herum – Obsidan!! Das ist ein Edelstein, aus dem Schmuck hergestellt wird! Lag hier in großen Mengen rum. Ich überlegte kurz. Aber mein Koffer war schon randvoll mit dem Gleitschirmgepäck gefüllt, sodass ich mir nicht noch ein Vermögen einpacken konnte 🙂

Steile Pfade führen die Berge hinauf und dann versperren Kühe auch noch den Weg!

Die Höhendifferenz bis zu den Landeflächen unten in der Ebene schätzte ich auf knapp 1.000 m. Alle hatten etwas Schwierigkeiten mit dem Start, da fast null Wind herrschte und der Startplatz sehr flach war. Jens flog schon, während ich noch mit den Startvorbereitungen beschäftigt war. Auch mir bereitete der Start Schwierigkeiten. Nach drei Startabbrüchen befand ich nach dem vierten endlich in die Luft. Aber ich kam nicht weit, da ich in die falsche Richtung flog. Anstatt das etwas abfallende Gelände anzusteuern, flog ich im touch-and-go Modus das Hochplateau ab. Nie war ich höher als 10 Meter, dann musste ich wieder paar Schritte rennen. Komischer Flug. Auf einmal versperrte eine Kuhherde meine Flug-/Laufstrecke. Zwar befand ich mich wieder in der Luft und hätte es vielleicht auch über die Kante geschafft welche in Sichtweite lag, aber ich hatte Angst mitten in der Herde auf einer Kuh notlanden zu müssen. Deshalb zog ich die Notbremse und stand kurz darauf am Boden. Schön doof. Also so spektakulär war mein Flug jetzt nicht, dass er vom Satellit überwacht werden musste 🙂  Die Strecke zurück musste ich laufen, in dem unwegsamen Gelände konnte mich kein Jeep abholen. Auf einen zweiten Flug hatte ich keine Lust mehr. Dagmar + Mann wollten ins Tal wandern und ich beschloss, mich ihnen anzuschließen. Wir liefen den Weg hinunter, den wir zuvor hinaufgefahren waren. Auf halber Strecke kam Harut mit dem Jeep vorbei. Ich ließ es mir nicht nehmen, ein Stück des Weges als Trittbrettfahrer auf dem Trittbrett mit zu surfen. Wieder hieß es gut festhalten, um nicht abzustürzen. Gleitschirmfliegen ist wahrscheinlich nicht so gefährlich 🙂  Jens war nach seinem ersten langen Flug ein zweites Mal auf den Berg gefahren und startete erneut. Leider hatte er diesmal nicht so viel Glück und ich sah, wie er gerade so den Fuß des Berges erreichte, wo er eine Fläche zum Landen fand. Ich winkte ihm zu, aber er sah mich nicht. Dann verschwand er aus meinem Blickfeld.

Einen tollen Weitblick hat man vom Hadis.

Am Ende unserer Wegstrecke sollte sich ein Restaurant befinden, wo wir heute essen gehen wollten. Wir drei sahen ein großes Tor und Dagmar meinte, das ist das Restaurant. Sogleich versperrten Wachleute unseren Weg und schickten uns weg. Das Restaurant befand sich gleich nebenan, aber wir konnten ja die armenischen Schriftzeichen nicht lesen. Jens war nach seiner Landung in die Richtung gelaufen, in der seiner Meinung nach das Restaurant lag. Irgendwann kam er auf seiner Wanderung an mehreren vornehmen Villen vorbei, die vielleicht einem Oligarchen gehörten. Mehrere Hunde, die ihn als Eindringling identifizierten, musste er mit Steinen verscheuchen. Dann endete die Prachtallee vor eben diesen verschlossenem Eingangstor mit Wachhäuschen, nur eben auf der anderen Seite. Die Wachleute schauten ziemlich irritiert, denn er wollte hinaus. Sie aber durften niemand hinein lassen. Nach längerer Diskussion ließen sie ihn zum Glück dann aber ziehen. Tja das heißt fürs nächste Mal, Augen auf bei der Landeplatzwahl 🙂  In dem weitläufigen Garten des Restaurants saßen wir sehr lange. Der Schaschlik brutzelte auf dem Grill, für Fleischverweigerer gab es eine vegetarische Variante, aufgespießte Kartoffeln. Wir aßen wieder mehr, als in uns reinpasste. Den restlichen Abend verbrachten wir auf der Terrasse des Honorarkonsulats bei Ararat (den berühmten armenischen Weinbrand), Landebier, Rotwein und anderen Getränken. Dazu wärmte uns ein Handylagerfeuer (zumindest optisch 🙂

Am nächsten Tag sollten wir ein neues Fluggebiet kennenlernen, es lag bei Vedi in der Nähe der türkischen Grenze beim Berg Ararat. Der 5.137 m hohe Ararat ist das Nationalsymbol der Armenier, aber durch Wirrungen der Geschichte liegt er heute auf türkischem Gebiet. Der Bibel nach soll nach der Sintflut beim Berg Ararat die Arche Noah gelandet sein.

Gegenüber von unserem Flugberg befindet sich der über 5.000 m hohe Ararat.

Um nach Vedi zu gelangen, mussten wir einmal quer durch Yerewan fahren. Die Stadt ist von drei Seiten von Bergen umgeben, aber besonders hoch ragte der gewaltige Berg Ararat mit seinem schneebedeckten Gipfel empor. Der Straßenverkehr in Yerewan ist turbulent, Trolleybusse prägen das Straßenbild und alte Ladas. Yerewan ist sehr lange durch die Sowjetunion geprägt worden, was sich auch im Stadtbild widerspiegelt. Nachdem wir die Stadt hinter uns gelassen hatten, fuhren wir in Richtung Türkei. Vorbei ging die Fahrt an Obstplantagen und heruntergekommen aussehenden Wohnblocks aus der Sowjetära. Endlich erreichten wir Vedi, alles sehr verstaubt und trocken hier. Der Ararat war jetzt sehr nah, ein gewaltiger Berg, der aus der flachen Landschaft ragte. Auch im Hochsommer lag da oben Schnee. Hinter Vedi erhob sich eine Hügelkette, dort wollten wir hin. Durch karge Mondlandschaften fuhren wir mit unserem Jeep, bis wir oben angekommen waren. Was für ein kolossaler Ausblick!! Wir befanden uns direkt gegenüber dem mächtigen Ararat und hier wollten wir fliegen gehen. Grandios! Die große Ebene wurde landwirtschaftlich genutzt und es war das einzigste Grün in der staubigen Landschaft. Am Fuß des Berges befanden sich große braune Felder zum Landen. Alles perfekt. Bis auf den Wind. Er kam zwar aus der richtigen Richtung, aber dafür ziemlich stark. Mit dem Start sollten wir nicht allzulange warten, wurde uns gesagt, denn die Thermik würde immer heftiger werden. Aber keiner traute sich so recht raus bei diesem böigen starken Wind. Nur Harut flog natürlich. Der Wind war grenzwertig und nur für die Locals beherrschbar. Dann entschloss sich ein Pilot zum Start. Die gesamte Startfläche hier war mit spitzen Steinen übersät, da sollte man möglichst nicht hinfallen beim missglückten Startversuch. Der Start ging schief, er hatte zu sehr die Bremsen gezogen wurde nach hinten geschleudert. Zum Glück landete er auf seinem Protektor, die anderen hielten ihn fest, damit er nicht noch einmal abhob. Es sah dramatisch aus, war aber nichts weiter passiert. Danach wollte keiner mehr fliegen. Sehr schade dass es nicht ging, das Gebiet hatte mir sehr gut gefallen.

 

Erdgastankstellen aus der heutigen Zeit und jahrhundertealte Sakralbauten

Erdgastankstelle – bitte mal alle in Deckung gehen 🙂

Auf der Rückfahrt mussten wir tanken. Unser Kleinbus fuhr mit Erdgas, wie übrigens die meisten Autos und LKWs hier in Armenien. Bei den alten LKWs hier, die bestimmt auch noch aus der untergegangenen Sowjetunion stammten, waren oft drei oder vier große Gasflaschen hinter dem Fahrerhaus gestapelt. Die Autos transportierten die losen Gasflaschen im Kofferraum, wie ich an der Tankstelle sehen konnte. Erst jetzt bemerkte ich, dass sich unter unseren Gleitschirmen im Kofferraum auch eine große Gasflasche befand. Wie saßen also die ganze Zeit auf einem Pulverfaß!! Die Erdgastankstelle war sehr groß. Während unser Fahrer zu den Zapfsäulen fuhr, mussten wir alle das Fahrzeug verlassen und im gebührenden Abstand an einem Getränkeautomaten in Deckung gehen! Das war kein Witz, sondern Vorschrift hier. Das mit der Deckung nicht, aber dem gebührendem Abstand schon. Kam es vor, dass hier alles in die Luft flog? Aber neu sah die Tankstelle nicht aus, scheint also immer alles gut gegangen zu sein 🙂  Nach dem Tanken durften wir wieder zusteigen und mit ausreichend Erdgasvorkommen unterm Hintern fuhren wir zurück nach Yerewan. Wir beschlossen, es nochmal am Hadis zu versuchen. Aber als wir oben am Berg standen, war es hier leider genauso starkwindig wie in Vedi. Dafür wurde uns eine tolle Show geboten, einer der Locals wollte trotz der Bedingungen unbedingt fliegen. Es war ein Freund von Harut, die Fliegerszene hier in Armenien ist nicht allzu groß. Vorwärtsfahrt hatte er nicht, der Pilot stand über uns in der Luft. In der Ferne zog ein Gewitter auf und man konnte sehen, dass der Regen immer näher kam. Wir fuhren den Berg wieder hinunter, wurden aber unterwegs von heftigem Regen überrascht. War Pech für die, die außen am Jeep mitfuhren, weil innen kein Platz mehr war. Ich zählte nicht dazu. Tja, rechtzeitiges Erscheinen sichert Sitzplätze 🙂  Die Außenbordpiloten hatten also für heute schon geduscht. Einen ausgiebigen Abend verbrachten wir in Yerewan in einem typischen Local-Restaurant, wo man den Frauen beim Brotbacken zu schauen konnte.

Eine große Anzahl alter Klöster gibt es in Armenien.

Auch heute sah die Wetterprognose flugtechnisch nicht so gut aus. Deshalb entschloss ich mich Dagmar anzuschließen, für eine Entdeckertour durch Armenien. Jens hatte dazu keine Lust und winkte ab, er hoffte auf einen Flug heute. Dagmar war hier jeden Tag mit diesem Fahrer unterwegs, der auch gleichzeitig als Reiseführer fungierte. Die Tour wurde sehr lustig und kurzweilig. Unser Local kannte sich natürlich bestens aus und erzählte interessante Geschichten zu allem was wir sahen. Zum Beispiel fuhren an einem Gebäude vorbei, welches wie eine modernen Kirche oder Kloster aussah. Aber unser Fahrer klärte uns auf, dass dies das Wohnhaus eines Oligarchen sei. Oh, da wär ich bei jetzt nicht drauf gekommen. Auf einem Parkplatz am Straßenrand lagen wieder die allgegenwärtigen Obsidanedelsteine rum. Zuerst besuchten wir das Kloster Sewanawank, welches im Jahre 874 erbaut wurde. Das ist schon lange her, deshalb sah es auch so alt aus. Das Kloster thronte hoch oben über dem Sewansee, man hatte einen tollen Ausblick von hier. Ursprünglich lag dieses Kloster auf einer kleinen unbewohnten Insel im See. Aber eine massive Ableitung des Seewassers für die Landwirtschaft während der Sowjetzeit machten aus der Insel eine Halbinsel. Muss man also nicht mehr mit dem Boot rüberschippern, um das Kloster zu besichtigen. Trotz des Wasserverlustes ist der Sewansee immer noch der größte Süßwassersee im Kaukasus. Wir spazierten an den uralten Gemäuern entlang und sahen uns die Chatschkare an. Das sind kunstvoll behauene Stelen oder Gedächtnissteine mit filigranen Mustern und einem Kreuz in der Mitte, die an bestimmte Ereignisse erinnern. Auf unserer Weiterfahrt entdeckte ich jetzt etwas, was ich in Armenien bis jetzt vermisst hatte: Bäume. Kahle Berge und Täler prägten die Landschaft, die wir bis jetzt gesehen hatten. Aber hinter dem Sewansee erstreckten sich auf einmal dichte Wälder hier im Kaukasus. Wir hielten am Straßenrand an einer „Raststätte“. In einem Kessel über offenem Feuer köchelten Maiskolben, darauf hatten wir jetzt Appetit. Dazu bestellten wir noch Kaffee (den der Straßenverkäufer über einem Gaskocher zubereitete) und frischen Joghurt (in Ermangelung eines Kühlschrankes hatte er den Joghurtbehälter im kühlenden Bach untergebracht). So gestärkt ging die Fahrt weiter nach Dilidschan, dort besichtigten wir Altstadt mit den kunstvoll geschnitzten Balkonen und Treppenaufgängen. Als nächstes stand das Kloster Haghartsin auf unserer Abhakliste. Dieses Kloster, welches an der Schlicht des Flusses Aghstafa liegt, wird noch heute von Mönchen bewohnt. Der große Klosterkomplex besteht aus mehreren Kirchen und wurde zwischen dem 10. und 14. Jahrhundert erbaut. Während draußen die warme Sonne schien, war es hinter den dicken Klostermauern kühl und dunkel. Unzählige Kerzen flackerten vor Heiligenbildern und die Sonne zauberte durch ein Glasfenster in der Kuppel einen Regenbogen auf den Steinboden. Draußen mussten wir uns noch verrenken und durch ein Loch in einem abgestorbenen uralten Baum kriechen, das soll Glück bringen laut unserem Reiseführer. Nachdem wir noch das Refektorium (den Speisesaal der Mönche) aus dem Jahre 1248 besichtigt hatten, bekamen wir Hunger. Das Mittagessen nahmen wir in einem urigen rustikalen Restaurant am Sewansee ein. Die Speisekarte mit den armenischen Schriftzeichen konnten wir nicht entziffern, aber wir hatten ja unseren Guide dabei der das übersetzen konnte 🙂

Fladenbrot backen

Danach durften wir uns mal im armenischem Brotbacken versuchen. Zur Seite standen uns zwei ältere Frauen in Landestracht, die uns alle Geheimnisse zeigten. Zuerst Teig ausrollen, das war einfach. Danach wurden die Teigfladen über die Unterarme so lange hin und her geworfen, bis sie sehr lang und breit waren. Das erwies sich schon als schwieriger. Besonders kompliziert erwies sich das Backen in dem hier typisch im Boden eingelassenen Ofen. Die Fladen wurden an die Ofenwand geklatscht, das brachte man ja noch hin, aber das herausfischen mit dem Schürhaken war kompliziert. Stürzten die Fladen ab, landeten sie im Feuer. Mehrere solche mit Asche bestäubter Fladen hatte ich fabriziert. Zur Strafe musste ich sie auch essen. Bisschen Asche wegpusten, mit der Schere Kräuter schneiden und ab in den Fladen – fertig war das Abendbrot. So gestärkt besuchten wir gegen Abend den 2.000 Jahre alten Tempel Garni. Dieses Bauwerk sah wie Klein-Akropolis aus und passte vom Baustil her eigentlich eher nach Griechenland. Der Garni-Tempel und auch die Häuser des Dorfes Garni lagen hochoben an einer schroffen Schlucht. Den Häusern am Ortsrand bot sich also ein Blick in den Abgrund. Leider wurde es dunkel und wir hatten keine Zeit mehr für das teilweise in den Fels gehauene Geghard-Kloster. Dafür wurde der Berg Ararat von den letzten Sonnenstrahlen angestrahlt und wir hielten am Straßenrand, um diesen Anblick zu genießen. Unsere Fliegertruppe kam erst spät am Abend. Entgegen den Erwartungen ging es heute doch zum Fliegen bei Aparan und sie hatten schöne Flüge dort gemacht. Auch Jens berichtete mir begeistert, wie er die Bergkette abgeflogen ist.

 

Tagesaufgabe: Zum Sewansee fliegen

Der Sewansee. Hinter den Bergen befindet sich bereits Aserbaidshan.

Heute war wieder Hadis angesagt, bäh, ist irgendwie nicht mein Lieblingsberg. Die Tagesaufgabe war heute, zum 50 km entfernten Sewansee zu fliegen. Ich war ja schon froh, wenn ich mal fliegend die Felder da unten erreichen würde 🙂  Die spitzen Steine bei der Auffahrt hatten unserem Kleinbus zugesetzt, oben angekommen musste unser Fahrer erst mal Reifen wechseln. Jens startete als einer der Ersten und zog seine Kreise weit über mir. Der Wind kam am Startplatz optimal von vorn und mein Start gelang. Voila. Diesmal flog ich aber in die richtige Richtung. Trotzdem schwebte ich lange in niedriger Höhe das Hochplateau ab, bis es endlich in die Tiefe ging. Ich fand Abrisskanten und konnte dort längere Zeit in der Luft bleiben. Wie ich noch nicht erwähnt hatte, waren wir fast immer die einzigsten Piloten hier, so gab es nie Gedränge am Startplatz oder in der Luft. Vor mir breitete sich eine riesige Ebene aus. Auch eine unbekannte Stadt lag mir zu Füßen. War ein schöner Flug mit sanfter Thermik. Zum Landen suchte ich mir ein großes Feld aus. Zum Glück konnte man die Steine von oben sehen. Nach der Landung traf ich noch drei andere Piloten aus unserer Gruppe und gemeinsam schlugen wir uns durch die Pampa bis zu Straße durch. Hier wurden wir von unserem Fahrer abgeholt und wieder auf dem Berg gefahren. Das ging den ganzen Tag so. Jens war zum zweiten Mal gestartet und danach nicht mehr gesehen. Vielleicht hatte er sich Richtung Sewansee aufgemacht. Meinen letzten Start hatte ich versemmelt und bin in die spitzen Steine gefallen, die schon unseren Autoreifen zerstochen hatten. Unser Kleinbus hatte Löcher im Reifen und ich jetzt in der Jacke. Ich hatte mir einiges aufgeschürft, aber es waren nur oberflächliche Wunden und nicht der Rede wert. Unser Fluglehrer kramte ein Erste-Hilfe-Set aus dem Auto und so wurde ich fachgerecht mit Desinfektionsspray und Pflaster verarztet. Aber es war eh Feierabend und wir fuhren den Berg wieder hinab, um die Piloten unserer Gruppe aufzusammeln. Das war lustig. Die ersten fanden wir an der Straße, das war ja noch leicht. Der nächste war in der Nähe einer brennenden Müllkippe gelandet, den mussten wir längere Zeit im Gelände suchen. Die nächsten zwei Piloten befanden sich in einer Obstplantage in der Nähe einer Autobahn. Wir fuhren irgendwie an der Stelle vorbei und unser Fahrer wendete!! dann auf der Autobahn und wir fuhren wieder zurück. In einer Apfelplantage fanden wir schließlich die beiden. Sie waren auf einer kleinen Wiese in der Plantage gelandet und hatten sich auch schon an den Äpfeln bedient. Wir pflückten auch Äpfel und Mirabellen, ehe die Fahrt weiterging. Für den Rest der Reise waren wir mit also mit Vitaminen gut versorgt. Als nächstes fanden wir Diego (wieder mal) in einem Dorf. Er hatte dort fast vier Stunden ausgeharrt, aber die Dorfbewohner hatten sich wieder seiner angenommen und ihn mit Äpfeln und Kaffee versorgt. Sie verabschiedeten ihn noch herzlich, dann ging die Fahrt weiter. Diego war bis auf eine Höhe von 3.900 m gekommen und der stärkste Bart hatte ein Steigen von 6,5 m/s, so berichtete er von seinem Abenteuer. Als er das Dorf sah, beschloss er dort zu landen und um nicht die Zeit irgendwo einsam in der Pampa zu verbringen. Er zählte auf die Gastfreundschaft der netten Armenier und sein Plan ist ja auch aufgegangen.

Hier hat Jens auf uns gewartet.

Jens war Zweitplazierter, er ist 30 km weit Richtung Sewansee geflogen und wir fanden ihn an einer kleinen vergammelten Autobahnraststätte neben einem Cola-Automaten. Ich war froh, ihn zu sehen. Auch er wartete schon längere Zeit auf uns. Er erzählte, dass er beim ersten Versuch nur 2.500 m hoch geflogen sei, aber es hatte nicht gereicht für einen Weiterflug. Beim zweiten Flug ist er auf 100 m abgesoffen, aber er schaffte es sich aus dieser Höhe wieder hinaufzuarbeiten auf 3.000 m. Respekt. Höher wollte er nicht fliegen und als er hier die vielen Stromleitungen sah, beschloss er vorher sicher landen zu gehen. Wow. Uwe, den Tagessieger, fanden wir noch 10 km weiter entfernt. Auch er war praktischerweise in der Nähe der Autobahn gelandet, die Richtung Sewansee führt. Nachdem wir wieder vollzählig waren, ging die Fahrt weiter zu unserem Reiseziel. Hier am Seeufer kamen wir an einem Berg vorbei, an dem man auch fliegen kann. Sah einfach aus, das Gebiet. Am Fuß des Berges befand sich der Landeplatz. Leider hatten die Wetterbedingungen bis jetzt für eine Fliegerei hier nicht gepasst. Schade. Ein Fluggebiet mit toller Aussicht. In einem Fischrestaurant, auf Stegen in den See hineingebaut, bestellten wir uns etwas zum Essen. Das Wasser plätscherte unter unseren Füßen und die Sonne ging langsam unter. Auf der anderen Seite des Sees wurden die Berge rot angestrahlt. Das ist bereits Aserbaidshan. Schöne Stimmung hier. Die Stimmung hob sich noch merklich, als das Essen serviert wurde. Es gab natürlich Fisch, Sewan-Karpfen und Sewan-Forellen, die garantiert eben noch hier herum geschwommen sind. Also dann, mit reichlich armenischen Wein und Bier, stießen wir, auf die tollen Flüge an.

 

Achtung Polizeikontrolle

Heute war wieder Aparanflugwetter. Nach unserer Einkaufstour in der Großbäckerei, wo man sich wieder nicht entscheiden konnte zwischen all den Broten, Fladen, Pasteten und Kleingebäck, fuhren wir weiter zum Flugberg. Oben am Gipfel war es sehr starkwindig, also entschlossen sich unsere Fluglehrer, es weiter unten zu versuchen. Der Hang auf halber Höhe war so extrem steil, dass der Schirm ja schon praktisch über einem stand, wenn er noch im Gras lag. Gefiel mir nicht. Nachdem ein paar mutige Piloten keinen gescheiten Start hinbekommen hatten, fuhren wir wieder hinauf. Es war immer noch sehr windig, zumindest kam er aber aus der richtigen Richtung. Das bewies unser Windsack, den unser Fluglehrer an jedem Startplatz in den Boden pflanzte.

Ein armenischer Cowboy bewacht seine Rinder.

Tagesaufgabe war heute, zum 10 km entfernten Aparan zu fliegen. Jens startete zweimal, der erste Flug war nicht so lang und beim zweiten befand er sich auch schon recht bald kurz vor der Landung. Aber er schaffte es, sich von da unten wieder ganz nach oben zu arbeiten und dann sah ich ihn nicht mehr. Ich wartete bis der Wind etwas schwächer wurde und startete auch. Unser Fluglehrer teilte mir mit, dass er sich unheimlich freuen würde, wenn ich nicht immer so am Berg kleben, sondern auch mal weiter weg fliegen würde. Hm, das große Landefeld am Fuße des Berges sah aber so einladend aus. Kaum war ich in der Luft, meinte er, ich solle jetzt auf 3.000 m aufdrehen und dann in Richtung Aparan fliegen. Die Thermik war gut und sanft, es war kein Problem sich oben zu halten. Ich fand einen schönen Bart, der von einem Hügel am Fuße des Berges ausging und dort blieb ich. Unser Fluglehrer hatte es inzwischen aufgeben, mich nach Aparan zu schicken. Ich genoss trotzdem meinen Flug. Weitläufig breiteten sich die Felder aus, eine Kuhherde graste unter mir und weiter hinten konnte ich das Dorf sehen. Alles ganz gechillt, keine ruppige Thermik. Schließlich landete ich auf dem großen Feld, welches ich mir von oben ausgesucht hatte. Daneben graste die Kuhherde, welche ich von oben gesehen hatte. Sie wurde bewacht von einem armenischen Cowboy. Ich packte meine Sachen zusammen, lief zu dem staubigen Weg und wartete auf den Fahrer. Der Cowboy kam angeritten und sagte irgendwas, was ich nicht verstand. Dann deutete er mir an, ob ich nicht auf seinem Pferd reiten möchte. Einen Sattel hatte er nicht, nur eine Decke lag darüber. Ich lehnte ab, aber hinterher fand ich es doch schade, dass ich mich nicht getraut hatte. Mike landete auf dem gleichen Feld und ein anderer Pilot war auch schon so tief, dass wir mit dem Bus auf ihn warteten. Aber er zog ewig seine Kreise und kam ewig nicht runter, nein im Gegenteil, er schraubte sich wieder hinauf und weg war er. Auch gut. Wieder oben angekommen, startete ich erneut. Ich war soooo happy. Ich flog bis in den Abend hinein, allerdings nicht nach Aparan. Am Abend mussten die Piloten wieder eingesammelt werden, aber diesmal waren sie ja nicht so weit verstreut. Manche sind wie ich auf den umliegenden Feldern gelandet, Diego fanden wir wieder in dem Dorf.  Dort hatte ihn die gleiche Familie wie schon die Tage zuvor wieder zum Abendessen eingeladen. Zum Nachtisch gab es reichlich Wodka. Gero hatte es bis nach Aparan geschafft. Als er in der Nähe der Stadt auf einem Feld landete, kamen auf einmal vier Einsatzwagen der Polizei und er war von acht Beamten umringt. Es war nicht ganz klar, warum sie alarmiert wurden. Freuten sie sich über eine Abwechslung? Darf man hier nicht landen? Oder glaubten sie, dass er auf dem Luftweg illegal aus Aserbaidshan eingereist war? Keine Ahnung. Die Verständigung klappte leidlich und seine Ausweispapiere (inklusive Bibliotheksausweis?) wurden ausgiebig kontrolliert. Nachdem man sich gegenseitig etwas kennengelernt hatte, erklärte Gero den interessierten Polizisten sein Gleitschirmequipment. Als er alles wieder zusammengepackt hatte, fuhren sie ihn im Polizeiwagen mit Blaulicht zu unserem Treffpunkt, der Großbäckerei. Jens ereilte das gleiche Schicksal. Auch er landete kurz vor Aparan auf einem Feld, aber diesmal kamen nur zwei Polizeiwagen mit Blaulicht angerast. Er war ziemlich erschrocken über diesen Empfang und glaubte, sie wollen Bakschisch. Das war aber nicht der Fall. Schließlich fuhren sie ihn in ihrem alten Lada zur Bäckerei, diesmal leider ohne Blaulicht.

Das Essen nahmen wir in einem urigen Restaurant mit armenischer Volksmusik ein. Eine Folkloreband spielte für uns auf und der Sänger gab sich alle Mühe, dass es uns auch schmeckte. Tat es.

Am nächsten Tag nach dem Frühstück besichtigten wir das erdbebensichere Haus. Dazu mussten wir in den Keller gehen. Das mehrstöckige Haus war nicht fest mit dem Kellergeschoß verbunden, sondern die Wände ruhten auf mehreren Pollern, die als Stoßdämpfer fungierten. Wenn die Erde bebt, merkt man im Haus gar nicht so viel davon, weil die Stöße abgefangen werden, meinte unser Honorarkonsul. Interessant. Keine Ahnung, ob wir in unserem Urlaub hier ein kleines Erdbeben verschlafen haben.

Heut war wieder Aparantag. Jens war nicht begeistert. Seit seinem Erlebnis gestern, weigerte er sich nämlich nach Aparan zu fliegen. Aber es kommt ja eh immer alles anders, als man denkt. Es herrschte sehr starker Wind am Grashügelgipfel. Außer uns waren diesmal auch noch drei russische Piloten da, ein Pärchen mit Hund und Baby und Sergej. Scheinbar übernachteten sie auch mit Kind und Kegel im Auto, so sah es zumindest aus. Während es den Windsack fast vom Fahnenmast wehte, legten das russische Pärchen ein perfektes Starkwindstartgroundhandling hin, spielten mit dem Schirmen im Wind, ehe sie abhoben. Schöne Vorstellung, nur etwas frustrierend für uns. Aber für uns war der Wind eindeutig zu stark. Sergej flog eingetwistet raus, was bestimmt nicht zur Show gehörte, aber in der Luft machte er ein Salto rückwärts und dann passte wieder alles. Wir wählten einen etwas tieferen Startpunkt aus, Jens startete rückwärts, aber der Schirm verdrehte und knallte runter – Startabbruch. War echt schwierig. Nur zwei Piloten von uns (u.a. Maik) gelang der Start und im Geradeausflug ging es für beide stetig nach oben. Sie flogen lange übers Tal, alle anderen fuhren ins Tal. Die Bedingungen waren einfach zu taff. An der Straße nach Aparan fanden wir den glücklichen Maik. Auch Sergej nahmen wir mit, der sich die Zeit mit Fußballspielen mit den Dorfjungen vertrieben hatte.

An unserem letzten Abend saßen wir in einem Straßenrestaurant in Yerewan und ließen uns die Köstlichkeiten schmecken. Um Mitternacht waren wir wieder im Honorarkonsulat, dann hieß es Koffer packen, denn um 02:00 Uhr fuhr uns ein Taxi zum Flughafen. Bye, bye Armenia. Ein interessantes Land mit einer wechselhaften Geschichte und gastfreundlichen Menschen. Und mit Fluggebieten, die etwas abseits vom Mainstream liegen. Irgendwann kommen wir wieder. Als Erinnerung brachte ich mir einen armenischen Grashüpfer mit, der unvorsichtigerweise in meinen Gleitschirm gehüpft war und dadurch eine Flugreise nach Deutschland angetreten hatte.

 

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